Le Mans: Sieg für Porsche & Bamber/Hülkenberg/Tandy
2014 musste sich Porsche noch Audi geschlagen geben, doch im zweiten Jahr nach ihrem Comeback zeigen die Stuttgarter ihrer Konkurrenz die Auspuffrohre. Exakt 45 Jahre nach dem ersten Triumph holt Porsche seinen 17. Le Mans Gesamtsieg.
Porsche siegt in Le Mans und zwar mit seinen LMP1-Frischlingen Earl Bamber, Nick Tandy - übrigens der einzige des Trios mit Le Mans-Erfahrung (GT) - und Nico Hülkenberg im Renner mit der #19. Timo Bernhard, Brendon Hartley und Mark Webber im Porsche 919 Hybrid #17 machten mit Platz zwei den Doppelsieg Porsche perfekt. Der beste Audi (Fässler/Lotterer/Tréluyer) wurde auf Platz drei abgewunken, während Weltmeister Toyota lediglich die Plätze sechs und acht einfuhr.
Prompter Sieg: Porsche-Neulinge gewinnen 24 Stunden
Während sich die Audis mit allerlei technischen Defekten quälen mussten, fehlte bei den Japanern schlicht das Tempo. Tatsächlich schaute es am Anfang alles andere als schlecht für die Ingolstädter Vorjahressieger aus, vom Start weg legte Audi ein flottes Tempo vor. Hülkenberg auf Startplatz drei verlor gleich zwei Positionen an Loic Duval (Audi #8) und Andre Lotterer (Audi #7). Doch Porsche war auf Augenhöhe: Gut eine Stunde nach Rennstart lagen die ersten sechs innerhalb von nur zehn Sekunden (!), lediglich die Toyotas konnten dem Speed von Porsche und Audi nicht folgen.
Gegen 16:33 schnappte sich Lotterer (Audi #7) sogar beide Porsche und ging in Führung. Dann aber wurde es für Audi trüber. Erst crashte Duval (Audi #8) beim Überrunden eines Ferrari und fiel durch die Reparatur auf Platz acht zurück. Währenddessen war das Safety Car draußen. Nach dem Restart führte der Porsche #17, wurde aber prompt wieder von Audi gejagt. Vorteil Audi: extrem flotte Rundenzeiten und Gummis, die vier Stints hielten - Porsche schaffte nur drei.
Audi in Le Mans 2015: Crash, Reifenschaden, Motorhaube
Bis zur Nacht wechselte die Führung zwischen Porsche und Audi hin und her. In der Nacht dann wurde Porsche immer schneller, schaffte nun ebenfalls vier Stints auf einem Satz Gummis. Gegen Mitternacht mischte erstmals der Hülkenberg-Porsche um die Führung mit, zuvor hatte das Newcomer-Trio über eine Minute Rückstand aufgeholt und zeigte starke Leistungen. Gegen viertel zwei in der Nacht raste Neel Jani im Porsche #18 in die Mauer, während Tandy im #19 starke Runden drehte.
Drei Uhr morgens zur Rennhalbzeit lag immer noch Tandy vorn, mittlerweile führten die drei LMP1-Frischlinge mit einer Minute vor Audi #9 und Audi #7. Später übernahm Earl Bamber den Porsche #17 und untermauerte den starken Auftritt der „jungen Wilden“. Porsche kam dabei die frische Nacht entgegen, mit Sonnenaufgang konnte aber auch Audi wieder zulegen. Doch der Defektteufel schlug erneut bei den Ingolstädtern zu: Um sieben Uhr kam Fässler (#7) an die Box, die rechte Motorabdeckung war verschwunden. Nach fast sieben Minuten Reparatur lag der Audi #7 nur noch auf Platz fünf.
24 Stunden Le Mans: Porsche siegt, Nissan im Nirgendwo
Gegen acht Uhr morgens führte Hülkenberg (Porsche #19) vor Rast (Audi #9) und Webber (Porsche #17). Doch Hülk musste in die Box, nach einer Berührung mit Goethe im Aston Martin #96 (samt dessen spektakulären Abflug in die Mauer) war wie beim Audi #7 eine neue Motorhaube nötig. Tandy übernahm für „Hulk“, das Trio führte trotz Stopp mittlerweile mit einer Runde Vorsprung. Nach Gelbphase und Restart konnte obendrein Webber Platz zwei vom Audi #9 erobern. Ab 11:00 regnete es stellenweise, die Audis kämpften vermehrt mit Technikproblemen. 15 Minuten vor Schluss kam noch einmal leichter Regen auf, weswegen Hülk (nun wieder statt Tandy im Auto) auf Intermediates wechselte - und ein paar Runden später als jubelnder Erster die Ziellinie querte.
Und Nissan? Die Japaner schafften es tatsächlich mit ihrem neuen LMP1-Boliden an den Start. Zwei der drei Renner (#21/#23) schieden allerdings aus, einzig Krumm im #22 sah als Letzter die Zielflagge - mit 135 Runden Rückstand außerhalb der Wertung. Immerhin gewann mit Oreca-Nissan (KCMG) ein Nissan-Motor die LMP2. In der GTE-Pro eroberte Corvette (#64) den Klassensieg, in der GTE-Am der SMP-Ferrari #72 vor Hollywood-Star Patrick Dempsey im unter eigenem Namen geführten Porsche 911 RSR auf Platz zwei.
WEC 2015 24 Stunden von Le Mans/Frankreich
- Hülkenberg/Bamber/Tandy (Porsche) - 395 Runden
- Bernhard/Hartley/Webber (Porsche) - 1 Runde
- Fässler/Lotterer/Tréluyer (Audi) - 2 Runden
- di Grassi/Duval/Jarvis (Audi) - 3 Runden
- Dumas/Jani/Lieb (Porsche) - 4 Runden
- Conway/Sarrazin/Wurz (Toyota) - 8 Runden
- Albuquerque/Bonanomi/Rast (Audi) - 8 Runden
- Buemi/Davidson/Nakajima (Toyota) - 9 Runden
- Abt/Imperatori/Kraihammer (Rebellion): - 59 Runden
- Beche/Heidfeld/Prost (Rebellion): - 65 Runden
WEC 2015 Wertung Fahrer (3 von 8 Rennen)
- Lotterer/Tréluyer/Fässler (Audi): 80
- Tandy (Porsche): 60
- Bamber/Hülkenberg (Porsche): 58
- Dumas/Jani/Lieb (Porsche): 57
- Bernhard/Hartley/Webber (Porsche): 53
- di Grassi/Duval/Jarvis (Audi): 40
- Conway/Sarrazin/Wurz/ (Toyota): 38
- Davidson/Buemi (Toyota): 27
- Albuquerque/Bonanomi/Rast (Audi): 24
- Nakajima (Toyota): 23
WEC 2015 Wertung Hersteller (3 von 8 Rennen)
- Porsche: 140
- Audi: 124
- Toyota: 71
- Nissan: 0
WEC Kalender 2015 - Alle Rennen
- 12.04.2015: Silverstone/GB
- 02.05.2015: Spa-Fancorchamps/Belgien
- 13.06.2015: Le Mans/Frankreich
- 30.08.2015: Nürburgring/Deutschland
- 19.09.2015: Austin/USA
- 11.10.2015: Fuji/Japan
- 01.11.2015: Shanghai/China
- 21.11.2015: Sakhir/Bahrain
24 Stunden von Le Mans 2015: Stimmen zum Porsche-Sieg
Matthias Müller, Vorsitzender Vorstand Porsche AG:
„Dieser Doppelsieg in Le Mans ist ein grandioser Erfolg, von dem wir nicht zu träumen gewagt hätten. Das Team hat über drei, vier Jahre einen Bombenjob gemacht und diesen Erfolg verdient.“
Wolfgang Hatz, Vorstand Forschung und Entwicklung Porsche AG:
„Ein Le-Mans-Doppelsieg im zweiten Einsatzjahr ist der Lohn für den Mut unserer Entwickler – bei der Konzeption des 919 Hybrid und für den großen Einsatz von 230 Mitarbeitern.“
Fritz Enzinger, Leiter LMP1:
„Schon bei unserem zweiten Versuch den 17. Gesamtsieg für Porsche zu holen, ist eine unglaubliche Leistung. Ich kann nur danke sagen an diese Mannschaft. In den vergangenen dreieinhalb Jahren ist ein fantastisches Team entstanden, das einfach Spaß am Sport hat, das hundert Prozent Einsatz gibt. Der ganze Vorstand stand von Anfang an voll hinter uns. Dass wir es heuer schon geschafft haben, werde ich wohl erst in paar Tagen richtig begreifen. Ich weiß, wie viele Kollegen sich ganz diesem Ziel verschrieben und es mit immensem Einsatz verfolgt haben. Noch mal danke an alle – wir sehen uns zum Feiern in Weissach.“
Andreas Seidl, Teamchef LMP1:
„Zu diesem Erfolg fehlen mir eigentlich die Worte. Wir können noch gar nicht fassen, was wir da erreicht haben. Eine sensationelle Be-lohnung für die harte Arbeit, die das ganze Team hier an der Strecke und daheim in Weissach in den vergangenen dreieinhalb Jahren geleistet hat. Wir wussten, dass wir im Vergleich zum Vorjahr deutlich besser vorbereitet waren. Trotzdem konnten wir dieses Ergebnis in keinster Weise erwarten. Wir haben nicht glücklich gewonnen, sondern waren in allen Bereichen siegfähig – von den Mechanikern in der Box über die Ingenieure bis hin zur Rennstrategie. Auch die Pitstops waren außerordentlich. Die Fahrer haben einen sensationellen Job gemacht, Gratulation insbesondere an unsere drei Jungs im dritten Auto.“
La Mans Sieger Earl Bamber, Porsche #19:
„Das ist wirklich ein unglaubliches Gefühl. Ich habe mich über jeden einzelnen Stints gefreut. Für mich war es ein sehr langer Tag. Ich bin sowohl in der Abenddämmerung, als auch im Morgengrauen gefahren, und konnte zwischen den einzelnen Stints nur kurz pausieren. Aber jetzt bin ich trotzdem voller Adrenalin und hellwach. Zwischendurch dachte ich kurzzeitig, dass sich irgendetwas im Auto seltsam anhören würde. Doch auf dem Weg zu einem solchen Rennergebnis hört man natürlich besonders genau hin.“
Le Mans Sieger Nico Hülkenberg, Porsche #19:
„Ich habe jeden Moment genossen, diese Autos bereiten großen Spaß – insbesondere auf einer so grandiosen Strecke wie hier in Le Mans und bei den kühleren Temperaturen in der Nacht. Das Tempo war enorm hoch, das hatte ich von einem Langstreckenrennen so nicht erwartet. Und ich hätte nie damit gerechnet, diesen Klassiker sofort beim ersten Mal zu rocken – angesichts der vielen Herausforderungen wäre das auch dumm gewesen. Trotzdem ist es uns gelungen, und zwar gemeinsam.“
Le Mans Sieger Nick Tandy, Porsche #19:
„Das ist so ein fantastischer Tag. Ich kann es gar nicht glauben, dass ich jetzt mit Porsche Le-Mans-Sieger bin.“
Le Mans Zweiter Timo Bernhard, Porsche #17):
„Hut ab vor den Kollegen der Nummer 19, sie sind ein sehr starkes Rennen gefahren. Wir waren gut unterwegs, hetzten aber der Zeit hinterher, die wir uns durch die Stop-and-go-Strafe eingehandelt haben. Bei meinem kleinen Ausflug durchs Kiesbett musste ich die Lenkung aufmachen, um eine Kollision mit einem GT-Fahrzeug zu vermeiden, der im letzten Moment die Spur gewechselt hat – dabei hätte mehr passieren können. Aber das ist Racing.“
Le Mans Zweiter Brendon Hartley, Porsche #17:
„Auf der letzten Runde sind mir die Tränen gekommen. Für dieses Ergebnis haben alle so hart gearbeitet! Unser Traum war es, aufs Podium zu kommen. Einfach unglaublich. Ich bin sehr stolz, dass zwei Porsche die ersten beiden Plätze belegen. Ich freue mich für jeden Einzelnen im Team hier und in Weissach.“
Le Mans Zweiter Mark Webber, Porsche #17:
„Mein Rennen war unproblematisch, der Porsche 919 Hybrid lief tadellos. Mit einem Satz Reifen kamen wir vier Stints weit. Glückwunsch an die Jungs vom Schwesterauto mit der 19, sie haben einen erstklassigen Job gemacht.“
Bilder: Porsche